Creatin auf die Dopingliste



Fitnessexperte Jörn Giersberg im Fernseh-Interview
 

Creatin auf die Dopingliste

Statement von Jörn Giersberg für stern.de

 

Experten plädieren seit Jahren dafür, dass Creatin auf die Dopingliste gehört!


Als Personal Trainer beobachte ich besonders kritisch, wie immer mehr Trainierende mit dem schon selbstverständlichen Konsum von Creatin in unnatürlich hohen Mengen trotz teilweise "uneffektiver" Trainingsmethoden schnellere und bessere Ergebnisse erzielen, als "Naturals" mit wirksamen Trainings- und Ernährungskonzepten. Ich spreche hierbei nicht vom Creatin, welches sich in begrenzten Mengen über die Nahrung aufnehmen lässt und welches auch im Körper selbst gebildet wird, sondern von der Nahrungsergänzung „Creatin“.

Creatin-User machen sich selbst etwas über die Möglichkeiten ihrer eigenen körperlichen Entwicklung vor und stehlen dabei denjenigen die Show, die aus verschiedenen Gründen nur auf Fleisch, Milch, Fisch, Eier hin- und wieder einen Proteinshake und eine top-Ernährung setzen. Beim Personal Training mit meinen Klienten verzichte ich bewußt auf Creatin.

"Der Einsatz von Creatin "ruiniert" die natürlichen Maßstäbe. Es ist unerträglich, dass alle so tun, als wären sie Naturals, fleißig Creatin schlucken und sich dadurch wesentliche Vorteile verschaffen!".

Zum besseren Verständnis eine kleine Gliederung meiner Argumentation:

1. Meinungen renommierter Experten und Institutionen zu Creatin

2. Leistungssteigerungen durch Creatin

3. Creatin gehört auf die Dopingliste

4. Weshalb Creatin ungesund ist

 


starke anabole Effekte durch Creatin

 

Hinweis in eigener Sache!

Die Bezeichnung "anabol" bedeutet so viel, wie "aufbauend". Das Gegenteil von anabol ist katabol und bedeutet abbauend. Jeder Mensch befindet sich stets in anabolen und katabolen Stoffwechselprozessen, beispielsweise gehört Schlaf zu den anabolsten Prozessen überhaupt.

Die Bezeichnung "Anabolika" leitet sich aus dem Begriff anabol ab. Allerdings hat Creatin nichts mit Anabolika zu tun, nur weil es starke anabole Effekte auslöst. Bei heftigen diffamierenden Angriffen in den sozialen Medien bzgl. meines Auftritts bei stern-TV wurde mir unterstellt, dass ich behauptet hätte: Creatin wäre dasselbe wie Anabolika. Diese Aussage habe ich nie gemacht, sie würde jeder Sachkenntnis entbehren. Ich habe betont, dass Creatin starke anabole Effekte auslöst und daher für viele Experten auf die Dopingliste gehört.

Mein Statement bei stern.de über "Wo beginnt das Doping?" (siehe ein Abschnitt höher) und der Original-Video-Mitschnitt der Passage aus stern-TV, bei der es u.a. um Creatin ging (hier zu sehen), belegen das eindeutig:

 

Quelle: stern-TV 2015

 

1. Meinungen renommierter Experten und Institutionen zu Creatin

International anerkannte Sportmediziner und Doping-Experten weisen seit Jahren auf die Problematik des gezielten Einsatzes von Creatin hin. Hier ein paar Beispiele:

a)
"Eine Substanz, die im Augenblick in die "Grauzone" zwischen Substitution und Doping fällt, ist Creatin."
Institut für Biochemie
der Deutschen Sporthochschule Köln

 

b)
Deutschlands führender Dopingfahnder, Professor Dr. Wilhelm Schänzer, hat sich dafür eingesetzt, Kreatin auf die Verbotsliste des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) zu bringen. "Für mich erfüllen die im Hochleistungssport gebräuchlichen Kreatin-Dosierungen den Tatbestand des Dopings", sagte der Leiter des Instituts für Biochemie der Deutschen Sporthochschule in Köln.
RP-Online


c)
Universitätsprofessor und  ehem. Dopingexperte des IFBB Prof. Dr. med. Friedhelm Beuker hat bereits im Jahr 2001 Werke wie "Anabole Steroide" oder "Creatin - Anwendung im Bodybuilding" von D. Schulte Weber vor dem Deutschen Bundestag als "verderbliche Schriften" bezeichnet.

d)
Ulrich Haas, ehem. Vorsitzender der deutschen Anti-Doping-Kommission, forderte im Nachrichtenmagazin Focus, den "Muskelturbo" möglichst schnell auf die Liste der verbotenen Substanzen zu setzen. In widernatürlich hohen Dosen konsumiert, sei Kreatin eindeutig "ein von außen zugeführtes Mittel zur Leistungssteigerung und somit schon aus ethisch-moralischen Gründen zu verbieten".
FOCUS

e)
"Kreatin ist unter den Mitteln eines der wenigen, bei denen der Sportler einen Effekt feststellt", erklärt Sportmediziner Andreas Winkler. Der ehem. Präsident der sächsischen Bodybuilder-Vereinigung plädiert vehement für eine natürliche Ernährung ohne Ergänzungsmittel. "Es gibt keine Lücke in der Ernährung, wenn auf inhaltliche und energetische Vollwertigkeit geachtet wird", stellt er klar.
DIE WELT

 

 

2. Leistungssteigerungen durch Creatin

Leistungssteigerungen sind wissenschaftlich abgesichert (Institut für Biochemie der DSHS Köln) und unumstritten, sonst würden es inzwischen nicht so viele konsumieren und ihm einen so hohen Stellenwert beimessen. Der Leiter des Instituts für Dopinganalytik in Köln, Wilhelm Schänzer, geht davon aus, daß mittlerweile "mindestens 70 bis 80 Prozent der Athleten in Schnellkraftsportarten Kreatin nehmen".

Leistungssteigerungen sind vor allem:

a)
Deutliche Kraftzuwächse durch eine Muskelquerschnittsvergrößerung durch intramuskuläre Wassereinlagerungen, allgemeine Gewichtszunahme (siehe 10-Wochen-Test) und durch eine neuromuskuläre Verbesserung (ein Grund, weshalb Creatin auch in medizinischen Bereichen, wie z.B. Parkinson kontrolliert und wohldosiert zum Einsatz kommt).

b)
Verzögerung der Laktatakkumulation in den arbeitenden Muskeln und damit die Verzögerung der Ermüdung, wodurch sich das Trainingspensum erhöhen lässt, was zu einer schnelleren Vergrößerung der Muskelmasse und einer stärkeren Zunahme der Maximalkraft führt (vor allem bei kurzen und intensiven Belastungen bis 30 s Dauer)

c)
Hypertrophie kann hauptsächlich in der oberen Körperhälfte ausgelöst werden

d)
Der Effekt ist umso höher, desto geringer die physiologische Konzentration von Creatin im Körper ist, d.h. je untrainierter der Sportler, desto mehr profitieren diese davon, also besonders Anfänger - User, die aus meiner Sicht ohne Creatin wesentlich schneller das „Handtuch werfen" würden

e)
Höhere Trainingshäufigkeit durch kürzere Regenerationszeiten möglich

f)
Mehr Kraft während des Trainings

g)
Steigerung der Trainingsmotivation

 

 

3. Creatin gehört auf die Dopingliste

Creatin gehört auf die Dopingliste  weil:

a)
Widernatürlich hohe Creatin-Zufuhr im Vergleich zur natürlichen Aufnahme durch die Nahrung. Mehr als 3-4 g Creatin pro Tag können kaum über die Nahrung aufgenommen werden.

Normale Menschen nehmen durchschnittlich 1 Gramm Creatin pro Tag auf und bilden selbst 1 Gramm im Körper:

-die 15 bis 20-fache Menge in Creatin-Aufladephasen, wenn diese genutzt werden

-die 6 bis 9-fache Gesamtzufuhr in langfristigen Erhaltungsphasen aus Ernährung und Creatin-Konzentrat-Zufuhr. Die Zufuhr über entsprechende Lebensmittel, wie Fleisch und Fisch sollte nicht übersehen werden: teilweise bis zu 4 g Creatin aus der Nahrung plus 5 g Creatin-Zufuhr über Creatin-Konzentrate ergeben insgesamt ca. 9 g. Das entspricht dem 9-fachen Wert über der normalen Zufuhr.

-die unnatürliche Vergrößerung der Speicher über Creatin-Aufladephasen ist auch auf natürlichem Wege begrenzt

Übrigens wird auch Testosteron vom Körper selbst produziert. Männer ca. 10 mg pro Tag, Frauen ca. 1 mg pro Tag. Wird Testosteron in widernatürlich hohen Dosen verabreicht, sprechen wir vom Doping.

b)
Erzielbare Leistungssteigerungen siehe Punkt 2.

 

 

4. Weshalb Creatin ungesund ist


Die gängige Creatin-Zufuhr in widernatürlich hohen Dosierungen ist meines Erachtens ungesund. Hier einige Argumente:

a)
Verbot bei Nierenfunktionsstörungen (Vorschädigung der Nieren kann zu einer realen Dysfunktionen führen, ist aber reversibel)

b)
Verzerrende Wirkung bzgl. persönlicher Leistungsgrenze und somit Überforderung und Überlastung des passiven Bewegungsapparates, langsamer wachsender Strukturen (Sehnen, Bänder etc.). Die Muskeln wachsen schneller, als normalerweise möglich! Dieses Problem ist vor allem bei Steroiden bekannt, da hier die Auswirkungen wesentlich dramatischer sind

c)
Probleme im Muskel-Sehnen-Apparat

d)
Erhöhter Druck in den Zellen erhöht Verletzungsrisiko

e)
Leichte Blähungen und Magenkrämpfe möglich

f)
Muskelkrämpfe in den Beinen in den Ladephasen möglich (Creatin-Phosphat bindet Magnesium und löst somit Magnesiummangel in der Muskelzelle aus)

h)
Bei Jugendlichen grundsätzlich nicht empfohlen

i)
Problem in der Praxis: feine Abstimmung und Kontrolle

j)
Missbrauchsgefahr ist hoch, da es legal ist! Bodybuilder geben Anfängern Empfehlungen.

k)
Kleinerer Schritt zu Prohormonen und Anabolika

Weiterhin gibt es bisher keine Unbedenklichkeitsstudien und somit bleibt immer ein gewisses gesundheitliches Restrisiko bestehen.

 

(Quellen: Institut für Biochemie der Deutschen Sporthochschule Köln; DIE WELT; FOCUS; RP-Online; stern-TV; Sportmedizinisches Institut der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf; dopinginfo.de)